Raffinerien müssen ihre Prozesse optimieren und mit stark schwankenden Preisen für Rohstoffe und Produkte sowie auch für Strom bestmöglich umgehen, um bei der Umwandlung von Rohöl in Benzin, Diesel, Paraffin und zahlreiche andere Produkte so profitabel wie möglich zu sein. Zur Anpassung an die durch regenerative Erzeugung sehr volatilen Strompreise können neue Fahrweisen für die vorhandenen Kessel- und Kraftwerksanlagen ökonomisch sinnvoll sein, insbesondere zur Nutzung von sehr günstigem PV-Strom. Voraussetzung ist, dass der Raffineriebetreiber in der Lage ist, die optimale Fahrweise des komplexen Raffineriesystems zu ermitteln und jede einzelne Anlage entsprechend zu fahren.
Eine neue IT-Lösung zur Raffinerieoptimierung, die der Aachener IT-Dienstleister Kisters gemeinsam mit dem österreichischen Spezialisten für Kraftwerkssimulation ENEXSA anbietet, unterstützt Raffineriebetreiber beim bestmöglichen Betrieb ihres Kraftwerks. Insbesondere zeigt die IT-Lösung technisch zulässige Fahrweisen der Anlagen auf, die beispielsweise für höhere Erlöse an den Kurzfrist-Strommärkten, optimalen Einsatz von Reststoffen unter Einhaltung emissionsrechtlicher Randbedingungen oder die stärkere Einbindung von grünem Wasserstoff und damit einen niedrigeren CO2-Fußabdruck sorgen. Die einzigartige Kombination aus digitalem Zwilling und der Optimierungssoftware BelVis ResOpt berechnet innerhalb weniger Minuten unternehmensspezifische Verbesserungsmöglichkeiten und liefert im Viertelstundenraster die Day-Ahead-Fahrpläne für Kessel (unter Berücksichtigung der Brennstoffmischverhältnisse), Turbinen und andere Energieerzeugungsanlagen. „Mathematische Optimierungssysteme unterstützen Raffinerien bereits seit Jahrzehnten. Neu sind die Möglichkeiten, Kessel und Kraftwerke stärker strompreisgeführt zu fahren – ohne Einbußen in der eigentlichen Produktion“, so Dr. Olaf Syben, Leiter des Bereichs Optimierung und Energy Analytics bei Kisters.
Die Herausforderung besteht darin, die Vielzahl der anfallenden gasförmigen und flüssigen (gut speicherbaren) Reststoffe so einzusetzen, dass nutzbare Flexibilität entsteht. Dazu berechnet die IT-Lösung aus allen physikalischen, technischen, rechtlichen, vertraglichen und ökonomischen Randbedingungen die optimale Lösung für den effizienten Betrieb des Raffineriekraftwerks. „Wesentlich für den digitalen Zwilling des Optimierungssystems ist, dass er auf einem detaillierten Modell im Wärmekreislaufprogramm EBSILON Professional basiert, so dass alle technisch möglichen Fahrweisen und auch die Grenzen des Betriebs korrekt abgebildet sind“, erklärt Dr. Josef Petek, Geschäftsführer der ENEXSA.
Um ihre Produktion abzusichern, international wettbewerbsfähig zu bleiben und erneuerbare Energien stärker einzusetzen, profitieren auch Branchen wie Chemie, Metall, Papier und weiter von software-gestützter Optimierung. BelVis ResOpt zeigt unter anderem Möglichkeiten auf, durch entsprechende Flexibilisierung der Produktionsprozesse die günstigsten Strompreise aufgrund hoher PV-Erzeugung in den Mittagsstunden zu nutzen. Außerdem unterstützt die IT-Lösung beispielsweise dabei, Schadstoffemissionen zu reduzieren, den Bedarf an konventioneller Primärenergie zu senken, den Anteil an erneuerbaren Energien zu steigern, höhere Erlöse an den Strombörsen und am Regelleistungsmarkt zu erzielen sowie Betriebskosten zu senken.
Energieversorgungsunternehmen können BelVis ResOpt für die Kurz‑, Mittel- und Langfristplanung sowie für die Bewertung von Aus- und Neubauszenarien einsetzen. Die Lösung entdeckt Optimierungspotenzial in allen Bereichen der Energieerzeugung, ‑beschaffung, ‑speicherung, ‑versorgung und ‑verteilung auf – so zum Beispiel für konventionelle Kraftwerke, Fernwärmeerzeugung, ‑netze und ‑speicher, Gas-Portfolios (fossiles Gas, LNG, Biogas, Wasserstoff), Erneuerbare-Energie-Erzeugung, ‑Transport, ‑Wandlung (Wasserstoff, E‑Fuels …), ‑Speicherung, Virtuelle Kraftwerke, Querbezüge der Sektorenkopplung oder Batterieeinsatz (zum Beispiel in Erzeugungsparks).